GisChem

Stickstoff, tiefgekühlt verflüssigt

Ganzes Dokument: Datenblatt


Stickstoff, tiefgekühlt verflüssigt


Einstufung GHS

GHS04

Achtung

Enthält tiefgekühltes Gas; kann Kälteverbrennungen oder -verletzungen verursachen. (H281)
Schutzhandschuhe mit Kälteisolierung und zusätzlich Gesichtsschild oder Augenschutz tragen. (P282)
Vereiste Bereiche mit lauwarmen Wasser auftauen. Betroffenen Bereich nicht reiben. Sofort ärztlichen Rat einholen/ärztliche Hilfe hinzuziehen. (P336 + P315)
An einem gut belüfteten Ort aufbewahren. (P403)

GHS-Einstufung
Gase unter Druck (Kapitel 2.5) - tiefgekühlt verflüssigtes Gas (Refr. Liquef. Gas), H281

Die GHS-Einstufung und Kennzeichnung beruht auf Hersteller- und Litera­tur­angaben.



Charakterisierung, Grenzwerte, Einstufungen

Stickstoff, tiefgekühlt verflüssigt ist eine farb- und geruchlose, unbrennbare und chemisch inerte Flüssigkeit, meist am Siedepunkt bei -196 °C.
Der flüssige Stickstoff verdampft bei Raumtemperatur rasch, aus 1 Liter Flüssigkeit entstehen etwa 700 Liter Gas, die den Sauerstoff aus der Luft verdrängen und eine erstickend wirkende Atmosphäre bilden können.
Bei Austritt der Flüssigkeit oder großer Gasmengen entstehen kalte Nebel, die sich am Boden weithin ausbreiten.
Es gibt keinen geruchlichen Warnhinweis, wenn der Raum, in dem Stickstoff unkontrolliert verdampft oder entweicht, keine ausreichend hohe Sauerstoffkonzentration hat.
Flüssiger Stickstoff wird zum Tief- oder Schockgefrieren und Konservieren biologischer Proben (Serum, Blut, Urin, Hautproben etc.) verwendet. Weitere Anwendungen sind die Tiefkühlung von Anlagen und Produkten in der Synthese.
Häufig wird der flüssige Stickstoff dazu im Labor in offene Gefäße variierender Größe (Dewars) gefüllt und die Proben darin gelagert oder eingeforen.
Die folgenden Informationen beziehen sich ausschließlich auf die Ver­wen­dung von tiefgekühlt verflüssigtem Stickstoff im Labor.
Für Stickstoff als Druckgas ist in GisChem auf­grund des unter­schied­lichen Gefahren­potenzials ein geson­der­tes Da­ten­blatt ent­halten.
Schmelzpunkt: -210 °C
Siedepunkt: -196 °C


WGK: nicht wassergefährdend, Kenn-Nr.: 1351


Bei der WGK handelt es sich um eine gemäß AwSV im Bundesanzeiger veröffentlichte Angabe.



Explosionsgefahren / Gefährliche Reaktionen

Die Bildung explosionsfähiger Atmosphäre ist nicht möglich.
Beim Erwär­men ent­stehen große Men­gen Gas: Berst­ge­fahr durch Druck­auf­bau in ge­schlos­senen Be­hältern!
Wenn Kryoröhrchen nur unzureichend geschlossen sind und flüssiges Gas eindringen kann, besteht die Gefahr, dass nach Entnahme der Probe aus dem Kühlbad das Gas explosionsartig unter Zerstörung des Röhrchens und Aerosolfreisetzung verdampft.
In Gefäße mit flüssigem Stick­stoff kann aus der Luft Sauerstoff einkondensieren, wenn sie offen stehen oder häufig geöffnet werden.
Bereits Konzentrationen von mehr als 5 % flüssi­gem Sauer­stoff können beim Kontakt mit oxidier­baren Stoffen (z.B. mit orga­nischen Substanzen bei Behälter­bruch) zur Explosion führen.
Eine bläuliche Verfärbung - verursacht durch ein­kon­densierten Sauerstoff - des flüssigen Gases kann auf eine ent­sprechen­de Gefahr hin­weisen (mitunter schwer erkenn­bar).
Greift fol­gen­de Werk­stof­fe an: Bau­stahl, Kunst­stoffe und Gummi (Material­ver­sprödung).



Technische und Organisatorische Schutzmaßnahmen

Beim offenen Umgang mit größeren Mengen tiefkalt verflüs­sig­ter Gase funktionstüchtige Absaugung des Labors (technische Lüftung) sicher­stellen (siehe Mindest­standards) oder im Abzug arbeiten.
Gefäße nicht offen stehen lassen, um das Ein­kon­den­sieren von Sauer­stoff zu ver­mei­den (vgl. gefähr­liche Reak­tionen).
Kryolagerbehälter sollten nur kurz geöffnet werden; das ver­flüs­sigte Gas soll in an­gemes­senen Zeit­ab­stän­den voll­stän­dig aus­ge­tauscht werden.
Beim Ab- und Umfüllen Verspritzen und Nachlauf vermeiden, Dicht­heit ge­währ­leisten. Das Um­füllen soll­te nach Mög­lich­keit durch Drücken über Heber er­fol­gen.
Kryobehälter so transportieren, dass sie nicht umfallen oder herab­fallen können. Ladungs­sicherung ist bei jedem Trans­port er­for­der­lich.
Bei Temperaturen oberhalb des Siedepunktes (z.B. Raum­tem­pera­tur!) kann sich in geschlossenen Behältern ein Überdruck aufbauen.
Ein gefährlicher Einschluss des Flüssig­gases z.B. in Leitungen zwischen Absperr­organen muss vermie­den werden. Leitungen von Wärme­einflüssen fern­halten.
Beim Umgang von tiefkalten Flüssigkeiten in Dewar-Gefäßen sind besondere Schutzmaßnahmen zu beachten.
Flüssiges Gas aus Dewar­gefä­ßen darf nicht zurück in Vor­rats­ge­fäße ge­ge­ben wer­den.
Tiefkalte Flüssigkeiten nur langsam und portions­weise in wärmere Gefäße oder Lösun­gen geben und den Be­hälter schwen­ken bzw. die Lösung rühren.
Auf Trockenheit achten, nur trockene Hilfs­mittel verwenden.
Zur Küh­lung von Bädern nach Mög­lich­keit Kühl­fin­ger, Kühl­wen­del oder Kühl­blöcke be­nutzen.
Tiefkühlung kann zu Materialschrumpfungen führen. Unterschied­liche Schrumpfungen verschie­dener Materi­alien können zu Leckagen oder zu Brüchen an z.B. verschraub­ten Flanschen oder ähn­lichen Verbin­dungen führen.
Keine brennbaren Materialien unterhalb von nicht isolierten Anlagen­teilen an­brin­gen oder lagern, sonst erhöh­te Brand­gefahr durch herabtropfenden konden­sierten Sauer­stoff möglich.



Gesundheitsgefährdung

Ein­atmen oder Haut­kon­takt kann zu Ge­sund­heits­schä­den führen.
Direkter Kontakt mit tief­kalten Flüssig­keiten kann starke Erfrie­rung bzw. Kalt­ver­brennun­gen ver­ur­sachen (s. H281).
Bei höheren Konzentrationen be­steht Er­stickungs­gefahr.



Brand- und Explosionsschutz

Die Brand- und Explosionsschutzmaßnahmen sind in erster Linie auf gefährlichere Stoffe und Brand­lasten in dem ent­sprechen­den Arbeits­bereich abzustimmen.



Hygienemaßnahmen

Einatmen von Dämpfen vermeiden!
Berührung mit Augen, Haut und Klei­dung ver­mei­den!
Vor Pausen und nach Arbeits­ende Hän­de und andere ver­schmutzte Körper­stellen gründ­lich rei­nigen.
Haut­pflege­mittel nach der Hautrei­ni­gung am Arbeits­ende ver­wen­den (rück­fetten­de Creme).



Persönliche Schutzmaßnahmen

Augenschutz: Korbbrille oder Ge­stell­brille mit Seiten­schutz.
Handschutz: Kälte­be­stän­dige, flüssig­keits­dichte, gut iso­lieren­de Hand­schuhe (Kryo­hand­schuhe) ver­wen­den.
Bei empfindlicher Haut kann Hautschutz empfehlenswert sein, z.B. gerb­stoff­haltige Haut­schutz­mittel.
Fußschutz: Bei der Handhabung großer mobiler Dewar- oder Kryogefäße Schutz­schuhe mit inte­grierter Stahl­kappe tragen.
Atemschutz: Bei zu geringer Sauerstoffkonzentration (unter 19 Vol-%) aufgrund der Verdrängung durch die Inertgase in der Luft (Über­wachungsgeräte benutzen!) oder bei unklaren Verhältnissen: Umgebungsluft­unabhängiges Atemschutzgerät.
Filtergeräte sind unwirksam, Erstickungs­gefahr durch Sauer­stoff­mangel.
Es wird empfohlen, Schlauch- oder Leicht­schlauch­geräte zu verwenden. Hierfür bestehen keine Tragezeit­begrenzungen.
Körperschutz: Saubere, trockene, nicht eng anlie­gende Klei­dung aus Natur­fasern, ohne um­geschla­gene Hosen­beine oder Ärmel. Schuhe, die schnell aus­ge­zogen werden können.



Arbeitsmedizinische Vorsorge

Da für den Stoff zurzeit kein direkt passendes arbeitsmedizinisches Vorsorgeprogramm verfügbar ist, wird empfohlen, bei einer Untersuchung im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge die folg­enden DGUV Empfehlungen in Anlehnung heranzuziehen:
Allgemeine arbeitsmedizinische Vorsorge
Falls aufgrund der Gefährdungsbeurteilung das Tra­gen von Atemschutz notwendig ist, ist arbeits­medizinische Vorsorge ggf. nach der DGUV Empfehlung Atem­schutz­geräte durchzuführen.



Beschäftigungsbeschränkungen

Jugendliche ab 15 Jahren dürfen hiermit nur beschäftigt werden:
wenn dieses zum Erreichen des Ausbil­dungs­zieles er­forderlich und die Aufsicht durch einen Fach­kundigen sowie betriebs­ärztliche oder sicherheits­technische Betreu­ung gewährleistet ist.



Schadensfall

Bei Aus­laufen größerer Flüssig­keits­mengen tief­kalt ver­flüssig­ter Gase den Arbeits­platz ver­lassen!
Betreten des Bereiches nur mit umge­bungs­luft­unab­hängigem Atem­schutz­gerät, wenn die Unge­fähr­lich­keit der Atmos­phäre (Sauer­stoff­konzen­tration > 19 Vol%) nicht nach­gewie­sen ist.
Für ausreichende Lüftung sorgen.
Produkt ist nicht brennbar, im Brand­fall Lösch­maß­nahmen auf Um­gebung ab­stimmen.
Berst- und Explosions­gefahr durch Druck­anstieg in Be­hältern bei Erwärmung.
Brand­bekämpfung größerer Brände nur mit umgebungs­luft­unab­hängigem Atem­schutz­gerät!



Erste Hilfe

Nach Augenkontakt: Steriler Schutzverband.
Augenärztliche Behandlung.
Nach Hautkontakt: Erfrierungen und Wunden keimfrei be­decken.
Ärztliche Behandlung.
Nach Einatmen: Verletzten unter Selbstschutz aus dem Ge­fahren­bereich bringen.
Bei Atemnot Sauerstoff inhalieren lassen.
Bei Atemstillstand künstliche Beat­mung nach Mög­lichkeit mit Beatmungs­gerät, auf jeden Fall Stoff­kontakt bzw. Ein­atmen des Stoffes/Produktes ver­mei­den (Selbst­schutz).



Lagerung

Behälter an einem kühlen, gut ge­lüfteten Ort lagern. Nur mit lose aufliegen­dem Stopfen oder Deckel ver­schließen, so dass Druck­aus­gleich mit der Um­gebung möglich ist. Druckbehälter mit Überdruckventil aus­statten.
Behälter nicht dem direkten Sonnen­licht aus­setzen!
Behälter aufrecht stellen und gegen Umfallen sichern.
Vor Feuchtig­keit und Wasser schützen.
Behälter aus z.B. Kupfer, auste­nitischen Stählen, einigen Aluminium-Legie­rungen sowie ggf. auch PTFE sind geeignet.
Zusammenlagerungsbeschränkungen sind in Laboratorien in der Regel erst ab einer Mengengrenze von 200 kg zu beachten (s. auch das GisChem-Datenblatt "Branche: Chemie").
Dieser Stoff/dieses Produkt gehört zur Lagerklasse 2A.
Im Bereich von Füllstellen Betonfußböden mit einer Wanne aus Edelstahl schützen, in der abtropfende tiefkalte Flüssigkeiten aufgefangen werden und verdampfen.
Das Abfüllen von tiefkalten flüssigen Gasen muss automatisch erfolgen oder per­manent über­wacht und recht­zeitig beendet werden, so dass keine Flüssig­keit in den Raum oder ins Freie ausläuft.