Glycerin
Ganzes Dokument: Datenblatt
Glycerin
Einstufung GHS
GHS-EinstufungEine Einstufung und Kennzeichnung nach GHS liegt nicht vor, eine Herstellereinstufung ist ebenfalls nicht bekannt.
Charakterisierung, Grenzwerte, Einstufungen
Glycerin wird auch als Glycerol, 1,2,3-Trihydroxypropan, Trioxypropan, Propantriol, Protol oder Ölsüß bezeichnet.
Es handelt sich um eine farblose, ölige, geruchlose und feuchtigkeitsanziehende Flüssigkeit, die zwar brennbar, aber nur schwer entzündlich ist.
Die Flüssigkeit ist kaum flüchtig und vollständig mit Wasser, vielen Alkoholen (z.B. Methanol, Ethanol, Propanol, Butanol, Phenol, Glycol) und Aminen mischbar.
Sie ist nur mäßig löslich in Aceton und
Ether und unlöslich in Benzin, Benzol, Petrolether, Chloroform, Tetrachlormethan und fetten Ölen.
Glycerin kommt in natürlichen Fetten und fetten Ölen als Fettsäureester (Triglyceride) vor und spielt eine zentrale Rolle als Zwischenprodukt in verschiedenen Stoffwechselprozessen. Als Lebensmittelzusatzstoff trägt es das Kürzel E422.
Technisch wird Glycerin zur Herstellung von Kunststoffen (z.B. Alkydharzen und Polyurethan-Schäumen) und Farbstoffen, als Schmier-, Weichhalte- und Feuchthaltemittel sowie in der Kosmetik- und Nahrungsmittelindustrie eingesetzt.
Durch Nitrierung z.B. mit Nitriersäure entstehen Glycerinnitrate wie beispielsweise Nitroglycerin.
Schmelzpunkt: 18 °C
Siedepunkt: 290 °C
Ab 290 °C Zersetzung.
Flammpunkt: 191 °C
Zündtemperatur: 400 °C
Untere Explosionsgrenze: 2,6 Vol.-% bzw. 99 g/m³
Obere Explosionsgrenze: 11,3 Vol.-% bzw. 435 g/m³
GlycerinArbeitsplatzgrenzwert (
AGW): 200 mg/m³ gemessen in der einatembaren Fraktion
Spitzenbegrenzung: Überschreitungsfaktor (ÜF) 2; Kategorie für Kurzzeitwerte (I)
Der messtechnische Mittelwert über 15 Minuten darf den 2-fachen
AGW nicht überschreiten.
Bemerkung Y (
TRGS 900): Ein Risiko der Fruchtschädigung braucht bei Einhaltung der Grenzwerte (
AGW und ggf.
BGW) nicht befürchtet zu werden.
TA Luft (2021) 5.2.5 organische Stoffe, ausgenommen organische Stäube: Die im Abgas enthaltenen gasförmigen Emissionen dürfen den Massenstrom 0,50 kg/h oder die Massenkonzentration 50 mg/m³, angegeben als Gesamt-Kohlenstoff insgesamt nicht überschreiten. Im Abgas von Nachverbrennungseinrichtungen gelten andere Werte. (
zur Umwelt-VwV von 2021)
WGK: 1 (schwach wassergefährdend), Kenn-Nr.: 116
Bei der WGK handelt es sich um eine gemäß
AwSV im Bundesanzeiger veröffentlichte Angabe.
Messung / Ermittlung
Prüfung auf Ersatzstoffe und/oder Ersatzverfahren vornehmen und dokumentieren. Wird auf eine mögliche Substitution verzichtet, ist dies in der
Gefährdungsbeurteilung zu begründen.
Einhaltung des
AGW durch Messung oder andere gleichwertige Beurteilungsverfahren sicherstellen.
Explosionsgefahren / Gefährliche Reaktionen
Dämpfe sind schwerer als Luft. Bei Versprühen bzw. Erwärmung über den Flammpunkt Bildung explosionsfähiger Atmosphäre möglich.
Reagiert mit starken
Oxidationsmitteln unter heftiger Wärmeentwicklung.
Reagiert unter heftiger Wärmeentwicklung z.B. mit Nitrilen, Anilin, Nitroverbindungen und Ethylenoxid.
Reagiert unter Bildung brennbarer Gase oder Dämpfe z.B. mit stark wasserentziehenden Stoffen.
Zersetzt sich bei Erhitzen/Verbrennen in gefährliche Gase (z.B. Acrolein, Kohlenmonoxid).
Technische und Organisatorische Schutzmaßnahmen
Bildung von Dämpfen und Nebeln vermeiden. Insbesondere an Ab/Umfüll-, Wiege- und Mischarbeitsplätzen
funktionstüchtige Absaugung sicherstellen (siehe Mindeststandards).
Gebinde nicht offen stehen lassen.
Beim Ab- und Umfüllen Verspritzen und Nachlauf vermeiden, Dichtheit gewährleisten.
Reaktionsfähige Stoffe fern halten bzw. nur kontrolliert zugeben.
Bei Arbeiten in Behältern und engen Räumen (
Befahren) sind besondere Schutzmaßnahmen zu beachten.
Gesundheitsgefährdung
Einatmen, Verschlucken oder Hautkontakt kann zu Gesundheitsschäden führen.
Kann zu Erbrechen mit Bauchschmerzen führen.
Schwindel, Kopfschmerzen oder Benommenheit können auftreten.
Die Informationen zur Gesundheitsgefährdung wurden Hersteller- und Literaturangaben entnommen.
Brand- und Explosionsschutz
Versprühen bzw. Erwärmung über den Flammpunkt vermeiden, sonst besteht Brand- und Explosionsgefahr.
Die Brand- und Explosionsschutzmaßnahmen sind in erster Linie auf gefährlichere Stoffe und Brandlasten in dem entsprechenden Arbeitsbereich abzustimmen.
Bei der Herstellung von Polyurethan-Schaumstoffen sind das z.B. die eingesetzten Treib-, Trenn- und Lösemittel. Dabei handelt es sich insbesondere um brennbare Flüssigkeiten (z.B. Pentan und Kohlenwasserstoffgemische).
Hygienemaßnahmen
Einatmen von Dämpfen und Aerosolen vermeiden!
Berührung mit Augen und Haut vermeiden!
Vor Pausen und nach Arbeitsende Hände und andere verschmutzte Körperstellen gründlich reinigen.
Hautpflegemittel nach der Hautreinigung am Arbeitsende verwenden (rückfettende Creme).
Persönliche Schutzmaßnahmen
Augenschutz: Gestellbrille mit Seitenschutz.
Handschutz: Handschuhe aus:
Naturkautschuk/Naturlatex (NR; 0,5 mm), Polychloropren (CR; 0,5 mm), Nitrilkautschuk/Nitrillatex (NBR; 0,4 mm), Polyvinylchlorid (PVC; 0,5 mm), Butylkautschuk (Butyl; 0,5 mm), Fluorkautschuk (FKM; 0,7 mm) (
Durchbruchzeit > 8 Stunden, max. Tragezeit 8 Stunden).
Die maximale Tragedauer kann unter Praxisbedingungen deutlich geringer sein.
Beim Tragen von Schutzhandschuhen sind Baumwollunterziehhandschuhe empfehlenswert!
Bei Naturlatex-Handschuhen besteht Allergiegefahr - wenn möglich andere Schutzhandschuhe einsetzen. Gepuderte Einweghandschuhe aus Latex sind durch puderfreie und allergenarme zu ersetzen.
Längerfristiges Tragen von Chemikalienschutzhandschuhen kann selbst eine
Hautgefährdung (Feuchtarbeit) darstellen. Vermeidung durch Einhaltung von Tragezeiten und/oder Tätigkeitswechsel.
Beim längerfristigen Tragen von Chemikalienschutzhandschuhen sind gegen Schweißbildung spezielle
Hautschutzmittel vor der Arbeit zu empfehlen (s. z.B.
Hautschutzmittel).
Diese können allerdings die Schutzleistung der Handschuhe beeinträchtigen. Der
Hautschutzplan muss das Tragen von Schutzhandschuhen berücksichtigen.
Körperschutz: Zur Auswahl von Chemikalienschutzkleidung finden Sie Informationen in einem
Flyer des Fachbereichs PSA der DGUV.
Arbeitsmedizinische Vorsorge
Bei Tätigkeiten im Wechsel mit dem Tragen flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe kann
Feuchtarbeit vorliegen. Bei
Feuchtarbeit von mehr als 2 Stunden pro Tag ist arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten (
Angebotsvorsorge).
Bei
Feuchtarbeit von regelmäßig 4 Stunden oder mehr pro Tag ist arbeitsmedizinische Vorsorge regelmäßig zu veranlassen (
Pflichtvorsorge, z. B. unter Heranziehung der DGUV Empfehlung Gefährdung der Haut).
Beschäftigungsbeschränkungen
Jugendliche ab 15 Jahren dürfen hiermit nur beschäftigt werden:
wenn dieses zum Erreichen des Ausbildungszieles erforderlich, der Arbeitsplatzgrenzwert unterschritten und die Aufsicht durch einen Fachkundigen sowie betriebsärztliche oder sicherheitstechnische Betreuung gewährleistet ist.
Schadensfall
Bei der Beseitigung von ausgelaufenem/verschüttetem Produkt immer persönliche Schutzausrüstung tragen: Auf jeden Fall Schutzbrille und Handschuhe.
Nach Verschütten mit saugfähigem, unbrennbarem Material (z.B. Kieselgur, Blähglimmer, Sand) aufnehmen und wie unter Entsorgung beschrieben verfahren.
Vorsicht! Rutschgefahr durch ausgelaufene Flüssigkeit!
Produkt ist brennbar, geeignete Löschmittel vorzugsweise: Kohlendioxid, alkoholbeständiger Schaum, Löschpulver. Möglich ist auch: Wassernebel. Nicht zu verwenden: Wasser im Vollstrahl!
Bei Brand entstehen gefährliche Gase/Dämpfe (z.B. Acrolein und Kohlenmonoxid).
Bei Brand in der Umgebung Behälter mit Sprühwasser kühlen.
Berst- und Explosionsgefahr durch Druckanstieg in Behältern bei Erwärmung.
Das Eindringen in Boden, Gewässer und Kanalisation muss verhindert werden.
Erste Hilfe
Nach Augenkontakt: Augen unter Schutz des unverletzten Auges sofort ausgiebig (mind. 10 Minuten) bei geöffneten
Augenlidern mit Wasser spülen.
Augenärztliche Behandlung.
Nach Hautkontakt: Nach Kontakt mit dem Produkt verunreinigte Kleidung, auch Unterwäsche und Schuhe, sofort ausziehen.
Mit viel Wasser und Seife reinigen.
Nach Verschlucken: Sofortiges kräftiges Ausspülen des Mundes.
Wasser in kleinen Schlucken trinken lassen (Verdünnungseffekt).
Sonstiges: Die Informationen zur Ersten Hilfe wurden Hersteller- und Literaturangaben entnommen.
Entsorgung
Auch kleine Mengen nicht über die Kanalisation oder Mülltonne entsorgen.
Flüssige Stoff/Produkt-Abfälle aus organisch-chemischen Prozessen sind i.d.R. gefährliche Abfälle (
Sonderabfälle) und nach
AVV den Kapiteln "07" oder "14" zuzuordnen.
Stoff/Produkt-Abfälle sind kein
Sonderabfall/gefährlicher Abfall nach
AVV.
Entsorgung kleinerer Mengen z. B. mit halogenfreien organischen Lösungsmitteln (
Sonderabfall).
Der komplette sechsstellige Abfallschlüssel ist nach
AVV zuzuordnen und gegebenenfalls mit der örtlich zuständigen Behörde (z.B. Stadtverwaltung oder Landratsamt) abzustimmen.
Lagerung
Behälter dicht geschlossen an einem kühlen, gut gelüfteten Ort lagern.
Behälter nicht dem direkten Sonnenlicht aussetzen!
Vor Feuchtigkeit und Wasser schützen.
Die vom Hersteller empfohlene Lagertemperatur beachten.
Behälter aus z.B. rostfreiem, galvanisiertem oder harzbeschichtetem Stahl oder Kunststoffen sind geeignet.
Zusammenlagerungsbeschränkungen (nach Lagerklassen der
TRGS 510; die Zahlen in Klammern geben die jeweiligen Lagerklassen an):
Dieser Stoff/dieses Produkt gehört zur Lagerklasse 10.
Separate Lagerung von explosiven Stoffen (1), Gasen (2A), stark oxidierend wirkenden Stoffen (5.1A), ansteckungsgefährlichen (6.2) und radioaktiven Stoffen (7).
Für die Zusammenlagerung mit sonstigen explosionsgefährlichen Stoffen (4.1A), Ammoniumnitrat (5.1C) und organischen Peroxiden (5.2) sind weitere Regelungen zu beachten.
Zusammenlagerung ist mit oxidierend wirkenden Stoffen (5.1B) bis 1 t Gesamtmenge ohne Einschränkungen erlaubt, darüber gelten weitere Anforderungen.
Die Zusammenlagerung ist mit selbstentzündlichen Stoffen (4.2) und Stoffen, die in Berührung mit Wasser entzündbare Gase entwickeln (4.3) erlaubt, wenn keine wesentliche Gefährdungserhöhung eintreten kann.
Dies kann durch
Getrenntlagerung erreicht werden.
Zusammenlagerungsbeschränkungen müssen nicht beachtet werden, wenn insgesamt nicht mehr als 400 kg Gefahrstoffe gelagert werden, davon höchstens 200 kg je Lagerklasse.
Generell ist eine Zusammenlagerung verboten, wenn dies zu einer wesentlichen Gefährdungserhöhung führen würde, auch wenn die Stoffe in derselben Lagerklasse sind.
Dies ist gegeben, wenn sie z.B. unterschiedliche Löschmittel benötigen, unterschiedliche Temperaturbedingungen erfordern, sie miteinander unter Bildung entzündbarer oder giftiger Gase oder unter Entstehung eines Brandes reagieren.
In Lägern, in denen mehr als 200 kg an brennbaren Gefahrstoffen gelagert werden, müssen zusätzliche Maßnahmen zum Brandschutz getroffen werden.
In der Regel liegt bei einer Lagerung von mehr als 200 kg brennbarer Stoffe eine gefahrdrohende Menge vor, bei Feststoffen der Lagerklasse 11 ist von einer größeren Menge auszugehen.
Anforderungen des Wasserrechts an HBV- und LAU-Anlagen (s. auch
Checkliste-Wasserrecht):
Anlagen mit bis zu 100 m³ oder 100 Tonnen werden der
Gefährdungsstufe A zugeordnet.
Das
Rückhaltevolumen muss so groß sein, dass auslaufende Flüssigkeiten bis zum Wirksamwerden geeigneter Sicherheitsvorkehrungen (z.B. Abdichten des Lecks, Absperren von Betriebsteilen) aufgefangen werden können.
Abhängig vom Rauminhalt der Anlage zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen gelten Anforderungen wie die Pflicht zur Anzeige bei der unteren Wasserbehörde,
Fachbetriebspflichten oder die Prüfung durch Sachverständige.
Bei
Gefährdungsstufe A entfällt die Anzeigepflicht, dennoch sind die Anlagen innerbetrieblich zu dokumentieren.
Nähere Informationen hierzu erhalten Sie von Ihrer zuständigen Unteren Wasserbehörde, Sachverständigenorganisationen, Güte- und Überwachungsgemeinschaften oder von nach
WHG zertifizierten Fachbetrieben.
Bei Lagermengen über 100m³ muss ein Überwachungs-, Instandhaltungs-, Notfallplan vorliegen u. unterwiesen werden. Anlagen ab 1000m³ dürfen nur durch zertifizierte Fachbetriebe innen gereinigt, instand gesetzt und stillgelegt werden.
Da im Wasserrecht der
Besorgnisgrundsatz gilt, kann die zuständige Behörde Anforderungen stellen, die über die hier genannten Regelungen hinausgehen. Insbesondere für Wasserschutzgebiete gelten strengere Auflagen.
Unterirdische Anlagen dürfen nur von zertifizierten Fachbetrieben errichtet, instandgesetzt und stillgelegt werden und müssen regelmäßig durch Sachverständige geprüft werden. Näheres regelt die
AwSV.
Als Stoff/Produkt der WGK 1 erfordert die Lagerung von mehr als 100 t je
Lagerabschnitt eine Löschwasser-Rückhalteanlage.
Bei Zusammenlagerung wassergefährdender Stoffe/Produkte unterschiedlicher WGK muss die Menge mit Hilfe einer
Umrechnungsregel ermittelt werden.